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«Mathematik ist wunderschön!»


«Mathematik ist wunderschön!»

Dieses Wochenende rechnen 168 junge Frauen aus 43 Nationen an der European Girls’ Mathematical Olympiad um Medaillenplätze. Auch, um Vorurteile abzubauen.

Eine der beiden Schweizer Delegationen an der European Girls' Mathematical Olympiad: Yuxi Zheng, Kanella Georgia Minakaki, Viera Klasovita und Ivana Klasovita (v.l.n.r.). Bild: Tages-Anzeiger/Dominique Meienberg

Eine der beiden Schweizer Delegationen an der European Girls' Mathematical Olympiad: Yuxi Zheng, Kanella Georgia Minakaki, Viera Klasovita und Ivana Klasovita (v.l.n.r.). Bild: Tages-Anzeiger/Dominique Meienberg

«Sei n eine ungerade natürliche Zahl, und seien x1, x2, . . ., xn nichtnegative reelle Zahlen. Zeige, dass..».

Wer schon bei einem solchen Frage-Einstieg nur Bahnhof versteht, ist nicht alleine. Kanella Georgia Minakaki hingegen setzt sich gerne damit auseinander. «Mathematik ist für mich wie ein Rätsel. Eine Herausforderung, die mir Spass macht», sagt sie. Kanella sucht die Herausforderung im Wettbewerb mit Gleichaltrigen. Dieses Wochenende in Zürich, bei der Austragung der sechsten Ausgabe der European Girls’ Mathematical Olympiad (EGMO).

Kreative Lösungswege und die Schönheit der Mathematik

Die EGMO ist eine alljährliche Mathematik-Olympiade für Mädchen im Mittelschulalter, die 2012 in Cambridge erstmals stattfand. In Zürich werden 168 junge Frauen aus 43 Nationen um Medaillen rechnen. Sie müssen zwei je 4,5-stündige Prüfungen mit Fragen aus den Gebieten Algebra, Geometrie, Kombinatorik und Zahlentheorie lösen. «Auch für Mathematikprofessoren und -professorinnen dürfte es unmöglich sein, eine EGMO-Aufgabe im Vorbeigehen zu beantworten, da die Aufgaben auf eine grosse Denkzeit ausgerichtet sind», sagt Andreas Bärtschi vom Organisationskomitee. Schon für die vollständige und korrekte Beantwortung einer einzigen der sechs Fragen gibt es eine «Honourable Mention».

Jedes Land stellt eine Delegation, bestehend aus maximal vier Gymnasiastinnen, die Schweiz als Austragungsland hat das Anrecht auf zwei Delegationen. Die Qualifikation besteht aus ausserschulischer Bildung im Rahmen von Workshops und dem eigentlichen Wettbewerb. «An diesen Workshops sehen die Schülerinnen und Schüler, dass es nicht einfach um ‹stupides› Multiplizieren von Zahlen geht, sondern um kreative Lösungswege und allgemein die Schönheit der Mathematik», sagt Marco Gerber, Co-Geschäftsführer Verband Schweizer Wissenschafts-Olympiaden (VSWO). Ivana Klasovita von der Schweizer Delegation bestätigt diese Aussage: «Mathematik ist einfach wunderschön.» Nach diesen Workshops können weiterhin Interessierte die eigentliche Prüfung ablegen.

Vorurteile tatkräftig abbauen

Eine kürzlich von der ETH Zürich veröffentlichte Studie hat aufgezeigt, dass Mädchen in Physikprüfungen generell schlechtere Noten erhalten als Jungen. Ein Fakt, der für die sogenannten Mint-Fächer (Mathematik, Informatik, Naturwissenschaften und Technik) allgemein gilt. «Das zeigt halt einfach, dass diese Vorurteile durchaus auch bei ‹gebildeten› Menschen sehr tief verankert sind. Sodass es unterbewusst oder sogar bewusst in die Benotung einfliesst», meint Marco Gerber. Deshalb finde er es umso wichtiger, dass an solchen Anlässen gezeigt werde, dass es sehr wohl Frauen gibt, die die Kompetenzen haben, auch an internationalen Anlässen teilzunehmen.

Auch die jungen Frauen der Schweizer Delegation hatten bereits gegen Vorurteile zu kämpfen: «An der Schweizer Mathematik-Olympiade (SMO) ist ein Junge zu uns gekommen und hat gemeint, dass Mädchen unfähig seien. Ich habe jedoch besser abgeschnitten als er und somit das Gegenteil bewiesen», freut sich die 18-jährige Ivana und lacht. Nur Yuxi Zheng, die 16-jährige Austauschschülerin aus China, wurde noch nie mit solchen Vorurteilen konfrontiert. Zum Unterricht in der Schweiz meint sie: «Unser Mathematiklehrer in der Schweiz erklärt den Stoff, den wir durchnehmen, sehr klar. Im Gegensatz zum Unterricht in China, wo wir das meiste selbst aufarbeiten, lernen und verstehen müssen.»

Ganz normale Jugendliche

Die Mitglieder der hiesigen Delegation entsprechen so gar nicht dem nerdigen Klischee eines Mathematikstudenten. «Ich freue mich darauf, an der EGMO unterschiedliche Leute aus unterschiedlichen Kulturen kennen zu lernen, mit welchen ich etwas gemeinsam habe», sagt Kanella Minakaki, die die Kantonsschule Zürcher Unterland besucht. Dass sich die jungen Frauen an der Mathematik-Olympiade messen, bedeutet nicht zwingend, dass sie das Fach in naher Zukunft auch vertiefen möchten.

Einzig die 18-jährige Viera Klasovita hat sich für ein Mathematikstudium entschieden. Das Spektrum der anvisierten Studiengänge reicht von Biologie über Informatik bis zum Wunsch, als Augenchirurgin zu arbeiten. Der einzige gemeinsame Nenner der Berufswünsche: Viel Geld, viel Ferien, wenig Arbeit! Ganz normale Jugendträume halt.

Dieser Text erschien erstmals am 7. April 2017 im Tages-Anzeiger.

Die Frau in der Arena


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