Die Frau in der Arena
Eine Politsendung gibt sich einen Unterhaltungs-Einschlag: Christa Rigozzi wird Co-Moderatorin der neuen SRF-Sendung «Arena/Reporter». Doch ein Verdacht bleibt.
Der «Arena» geht es schlecht. Zwar ein bisschen besser als auch schon, wie die neuesten Zahlen von SRF zeigen – der Marktanteil stieg im Vergleich zum Vorjahr um 0,3 Prozentpunkte auf 17,7 Prozent. Dennoch können die Höchstwerte der 90er-Jahre, die über 30 Prozent lagen, nicht mehr erreicht werden. Zum Vergleich: Die Hauptausgabe der «Tagesschau» und «Meteo» kommen auf einen jeweils knapp dreimal höheren Anteil.
Seit Jonas Projer als zweitjüngster Moderator die Sendung im August 2014 übernahm, erhielt die «Arena» eine Totalrevision. Vier Gäste befinden sich nun im inneren Ring, bei denen es sich meist um gestandene Politiker, selten um Personen aus anderen Bereichen handelt. Dazu kommen zwei bis vier Personen im äusseren Ring, also hinter Projer, die ebenfalls mitdiskutieren, jedoch zu sehr wenig Redezeit kommen. Ergänzt wird die Runde um bis zu zwei Experten, die sich in der Studio-Ecke befinden und nur punktuell befragt werden. Die Gäste sollen das Schweizer Spektrum abdecken – von der Unterhaltungsindustrie bis zur Politik.
Jüngere Zuschauer im Visier
Personen aus der Sparte Unterhaltung finden sich auf jeder Ebene der Sendung: Reggaesänger Cali P zum Beispiel oder Rapper Tommy Vercetti sassen bereits im äusseren Ring, Social-Media-Stars von Bendrit Bajra bis Zeki Bulgurcu kamen auf den Expertensessel – wobei diese eher dafür sorgen sollten, dass ein jüngeres Publikum zuschaltet. Auch im inneren Ring, also der effektiven Diskussionsrunde, fanden Schauspieler oder sonstige Prominente ihren Platz, von Patrick Frey bis Christa Rigozzi.
Und genau diese Christa Rigozzi soll nun mit «Arena»-Moderator Jonas Projer das neue SRF-Projekt «Arena/Reporter» moderieren.
Laut SRF-Medienmitteilung diskutieren darin die Moderatoren nach einer Ausgabe der Sendung «Reporter» mit ihren Gästen in der «Arena» das Thema, zusammen mit den Protagonisten aus dem «Reporter» und dem Fernsehpublikum zu Hause. Damit möchte man «die gesellschaftspolitische Debatte am Sonntagabend stärken». Alles klar, nur: Wieso braucht es für diese Neuorientierung Christa Rigozzi?
Kompetent und schlagfertig
Es ist nicht so, dass die Miss Schweiz von 2006 ihre bisherigen Auftritte in der «Arena» nicht gemeistert hätte: Die «Arena» über die zweite Gotthard-Röhre hatte sie sehr gut vorbereitet, ihr Auftritt gelang ausgezeichnet. Und auch in der «Gleichberechtigungs-‹Arena›» zum Internationalen Tag der Frau antwortete sie kompetent und schlagfertig. Dass sich ihre Gegenüber ausgesprochen ungeschickt anstellten, daran waren sie selber Schuld.
Christa Rigozzi, die 34-jährige Tessinerin, hat einen Abschluss in Medien- und Kommunikationswissenschaften und Strafrecht. Ob sie in gesellschaftspolitischen Fragen mithalten kann, steht nicht deshalb zur Diskussion. Sondern weil sie – abseits ihrer Auftritte in der «Arena» – nur in reinen Unterhaltungssendungen wie «Die grössten Schweizer Talente» auf SRF oder «Bauer, ledig, sucht ...» auf dem Privatsender 3+ zu sehen ist.
Ein Verdacht bleibt
Unwillkürlich denkt man an die «Veline» im italienischen Fernsehen. Deren Name leitet sich vom hauchdünnen Papier ab, der «carta velina», auf welcher junge Frauen die Nachrichten in die Sendung tragen. Meist handelt es sich dabei um sehr attraktive Frauen, die in erster Linie ihren Körper zur Schau stellen müssen, während die männlichen Moderatoren ihre machistischen Sprüche reissen.
Das wird Christa Rigozzi bei Jonas Projer sicherlich nicht passieren. Erstens würde sie sich so etwas zu Recht nicht gefallen lassen, zweitens würde sie ihre Karriere damit gefährden, weil niemand sie mehr ernst nehmen würde. Und doch bleibt der Verdacht bestehen, dass Christa Rigozzi vor allem eine Aufgabe hat: die Sendung attraktiver zu machen. Denn laut der SRF-Medienmitteilung soll Jonas Projer die Debatte leiten, «in die Christa Rigozzi immer wieder Meinungen, Geschichten und Fragen des Publikums einbringt». Man wünscht sich, es möge ihr das so gut gelingen, dass sie jeden Verdacht der Dekoration entkräftet.
Dieser Text erschien erstmals am 31. Mai 2017 im Tages-Anzeiger.